Die Trinität, erlebt?

Die Trinität, erlebt?

(zum Sonntag Trinitatis)

(Epheser 1,3-10, 13-14)

 

 

Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jedem geistlichen Segen in den himmlischen [Regionen] in Christus, wie er uns in ihm auserwählt hat vor Grundlegung der Welt, damit wir heilig und tadellos vor ihm seien in Liebe. Er hat uns vorherbestimmt zur Sohnschaft für sich selbst durch Jesus Christus, nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Lob der Herrlichkeit seiner Gnade, mit der er uns begnadigt hat in dem Geliebten. In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Übertretungen nach dem Reichtum seiner Gnade, die er uns überströmend widerfahren ließ in aller Weisheit und Einsicht. Er hat uns das Geheimnis seines Willens bekannt gemacht, entsprechend dem [Ratschluss], den er nach seinem Wohlgefallen gefasst hat in ihm, zur Ausführung in der Fülle der Zeiten: alles unter einem Haupt zusammenzufassen in dem Christus, sowohl was im Himmel als auch was auf Erden ist.

In ihm seid auch ihr, nachdem ihr das Wort der Wahrheit, das Evangelium eurer Errettung, gehört habt — in ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung, der das Unterpfand unseres Erbes ist bis zur Erlösung des Eigentums, zum Lob seiner Herrlichkeit.

 

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Der Predigttext aus dem Brief des Paulus an die Epheser an diesem Sonntag Trinitatis gibt uns die Möglichkeit, uns der Lehre der Dreifaltigkeit Gottes zu nähern, auch wenn wir vielleicht meinen, dass diese Lehre ziemlich kompliziert ist und viele Menschen sie heute einfach vermeiden wollen, weil diese für sie unnötig erscheint oder zumindest als etwas, das sie nicht wirklich für ihr Leben brauchen.

 

Heute wollen wir uns dem Thema der Dreifaltigkeit Gottes nähern, und zwar aus einer sehr lebensnahen Perspektive. Wie kann sich der dreieinige Gott auf unser Leben in der Welt beziehen? Und wie können wir den dreifaltigen Gott in unserem Leben erfahren?

 

Die menschliche Existenz in der Welt umfasst drei Hauptphasen. Zunächst werden wir in dieser Welt geboren, an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit. Und dann, leben wir unser Leben, also ist unser Leben in der Welt die zweite Phase. Und dann, zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort, sterben wir, und das ist der letzte Abschnitt, der unser Leben beendet. Die Mehrheit der Menschen vernachlässigt jedoch den ersten und den letzten Abschnitt ihrer Existenz in der Welt oder nimmt sie als selbstverständlich hin, ohne darüber nachzudenken, und ist daher überzeugt, dass ihr Leben in der Welt alles ist, was zählt. Es ist also ihr Leben, und sie glauben, dass sie es ohne Gott, der als externer Faktor wahrgenommen wird, leben können. Diese Menschen nehmen für sich in Anspruch, das Recht zu haben, ihr Leben so zu leben und zu gestalten, wie sie es für richtig halten. Das Leben scheint für sie also auch ohne Gott möglich zu sein.

 

Aber ist der dreieinige Gott ein externer Faktor in unserem Leben? Heute möchte ich darauf eingehen, liebe Gemeinde, dass Gott—der Vater, der Sohn, und der Heilige Geist – zu uns gehört und wir zu Gott und dass ein Leben ohne Gott nicht denkbar ist.

 

So kehren wir zu unserem Leben zurück. Und wenn wir versuchen, über unsere Geburt und unseren möglichen Tod nachzudenken, stellen wir fest, dass es in diesem Zusammenhang viele offene Fragen gibt, die wir nicht beantworten können. Warum werden wir an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit geboren? Wann werden wir sterben und was ist nach dem Tod? So kommen wir zu dem Ergebnis, dass unser Anfang und unser Ende nicht in unserer Hand liegen.

 

Und doch stellt der heutige Predigttext einige Antworten auf diese Fragen bereit, und wir wollen sie uns ansehen. Der Predigttext sagt, dass wir alle von Gott vor Grundlegung der Welt auserwählt sind und dass wir dazu bestimmt sind, durch Jesus Christus Gottes Söhne und Töchter zu sein. Damit beantworten diese Zeilen die Fragen nach den Anfängen, die wir nicht beantworten konnten. Sie besagen, dass Gott hinter allem steht, was existiert, als Grund auch für unser Leben. Und dies als Ausdruck der Gnade Gottes, die er uns verliehen hat.

 

Ist dies eine mögliche Antwort für uns? Wenn wir darüber nachdenken, erkennen wir, dass wir diese Antwort brauchen, und wir brauchen sie dringend in diesen Tagen, in denen die bösen Mächte alles für sich beanspruchen und bereit sind, Land und Leben vieler Menschen zu zerstören, und gleichzeitig behaupten sie, sie seien die einzig Guten. Diese Zeile des Epheserbriefs machen es uns klar, wie wichtig es ist, an Gott, den Vater, zu glauben, zumindest aus einem Grund, damit wir erkennen, dass wir das Leben als Geschenk erhalten haben, liebe Gemeinde. Wir haben unser Leben nicht selbst gemacht. Wir haben uns das Leben, das Land und all die Güter, die wir im Leben haben, nicht selbst verdient, sondern sie sind uns und anderen als Geschenk und als Gnade von Gott gegeben. Deshalb haben wir nicht das Recht, Land und Leben der anderen Menschen zu zerstören, sondern wir alle – und damit sind alle Menschen auf der Welt gemeint – werden Kinder Gottes genannt.

 

Wir lesen weiter im Predigttext: „In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung unserer Sünden.“ Diese Zeilen bezeichnen Jesus Christus als unseren Retter und Erlöser. Sie sagen etwas über das Ende des menschlichen Lebens, nämlich dass wir durch Jesus Christus erlöst sind und dass unser Ende in Gottes Hand liegt. Wenn wir darüber nachdenken, stellen wir fest, dass viele Menschen sich diesen Fragen gegen Ende ihres Lebens stellen, wenn ihnen klar wird, dass sie alles hinter sich lassen müssen, wofür sie in ihrem Leben mit ganzer Kraft gekämpft haben. Auch die Frage nach dem Ende von allem konnten wir nicht selbst beantworten. Brauchen wir die Antwort, die uns die Bibel gibt, nämlich Jesus Christus als Retter und Erlöser? Auch diese Frage möchte ich bejahen. Und ich glaube, sie ist auch für uns heute sehr wichtig. Wissen Sie, warum? Weil wir nur dann, wenn wir Jesus als Erlöser annehmen, lernen, ihm nachzufolgen. Und irgendwann erkennen wir, dass wir in der Nachfolge seinen Weg teilen wollen, dass wir andere lieben und retten wollen. Wir erkennen, dass wir bereit sind, den Schmerz und das Leid für andere zu teilen. Zu sagen, dass Jesus uns rettet, eröffnet uns immer eine neue Chance, neu anzufangen, und damit bringt es uns die Verantwortung, liebe Gemeinde, dass wir unseren Teil zu diesem Heilswerk beitragen und die Verantwortung für die Verwirklichung des Endziels tragen, nämlich dass alle existierenden Wesen eins werden in ihm.

 

Und eins ist wichtig, liebe Gemeinde. Christus vereint uns nicht, wie es die Welt tut. In der Welt können viele Vereinigungsversuche das Denken und Sein der anderen einfach auslöschen. Versuche kultureller, nationaler und politischer Einheit, Pakte und Vereinbarungen in der Welt können einfach alle unterschiedlichen Stimmen und Meinungen zerstören, so dass nur noch eine Stimme und eine Meinung gehört wird und eine Macht herrscht; eine Macht, die das Wohlergehen einiger weniger gegen das Wohlergehen vieler anderer garantiert. Wie unterscheidet sich dies nun von der Einheit in Christus? Es gibt einen großen Unterschied, liebe Gemeinde. Die Einheit in Christus ist nur durch Freiheit möglich, durch freie Entscheidung und freie Existenz in der Welt. Christus löscht nicht aus, wer wir sind, was wir denken. Im Gegenteil, das Werk Christi für uns hat den Charakter der Stärkung und Ermutigung. Christus befreit uns von unseren Ängsten, und hilft damit wir sein können, wer wir sind.

 

Gegen Ende des Predigttextes lesen wir über den Heiligen Geist. Und der Heilige Geist, liebe Gemeinde, ist Gott oder Gottes Geist, der uns während unseres Lebens in der Welt begleitet. Der Heilige Geist als die Gegenwart Gottes in uns hilft uns, dass wir die richtigen Wege im Leben gehen, die richtigen Entscheidungen treffen. Gott, der Heilige Geist, entspricht einer Tiefe in uns, einer Weite, einer Kühnheit und einem Mut, die in uns unentdeckt bleiben, wenn sie nicht von Gott geweckt werden. Oder sie werden zur Selbstverherrlichung missbraucht.

 

Wir brauchen den Heiligen Geist, um wiedergeboren zu werden, vielleicht an jedem neuen Tag, und eine neue Chance für ein besseres Leben zu bekommen.

 

Durch die Dreifaltigkeit Gottes erkennen wir, liebe Gemeinde, dass unser Schicksal nicht in unserer Hand liegt, sondern in Gott, dem Vater, der uns von Anfang an auserwählt, in Gott, dem Sohn, Jesus Christus, der für uns stirbt, damit wir alle gerettet werden, und im Heiligen Geist, der in uns und mit uns ist, damit wir heilig und tadellos werden. Gott wirkt also mit uns und an uns in Schöpfung, Erlösung und Heiligung.

 

Heute wollen wir an Gott glauben, an den dreieinigen Gott, der uns das Leben und alles schenkt; der Gott, der es gut mit uns meint, der uns mit allen guten Gaben segnet, der uns Hoffnung, Trost und Mut schenkt, die wir zum Leben brauchen.

 

Und so, liebe Gemeinde, möge die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes mit euch sein, heute und für immer. Amen.

 

 

Sylvie Avakian

 

26.05.2024